Haushaltsrede 2025

[Es gilt das gesprochene Wort.]

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir erleben eine spannende Zeit seit der Einbringung des Haushalts 2025.
Zum ersten Mal seit 2017 drohte uns ein nicht ausgeglichener Haushalt, weil die Kostensteigerungen beim Kreis zu steigenden Umlagen führen. Es war zu erwarten, dass sie unseren Haushalt schwer belasten und voraussichtlich nicht ohne Zugriff auf die Rücklage ausgeglichen werden können. Aktuell jedoch ergibt sich eine Verbesserung der Situation beim Kreis und es wird gelingen, dass ein Haushaltsausgleich fast ohne Griff in die Rücklagen möglich ist.

Nebenbei: Ein Zugriff auf die Rücklagen ist keine Katastrophe. Ganz im Gegenteil sind Rücklagen genau dafür da, in finanziell schwierigen Zeiten vom Ersparten aus besserer Zeit zu profitieren. Wer daraus ein Katastrophe inszeniert, will die Situation schlecht reden und davon profitieren. Das überlassen wir besser den Populisten.

Wir haben uns, wie immer, intensiv mit der Situation der Stadt Zülpich, auch außerhalb der nackten Zahlen, auseinandergesetzt. Daraus ergaben sich interessante Erkenntnisse:
Wir identifizierten etwas ganz Neues, nennen wir es den „Zülpich Way“. In Zülpich werden Projekte meist erst angegangen, wenn es Zuschüsse gibt, oder sie werden auch – nur – deshalb angegangen, WEIL es Zuschüsse gibt.

Maßnahmen ohne Förderung, wie der Realschulanbau, sind eher selten. Das Warten auf Zuschüsse und die real dann gewährten Zuschüsse können unerwartete Folgen haben: zum Beispiel einen Schulcampus im Gesamtrahmen von fast 3 Mio. € bei einer 70% Förderung, viel mehr, als man erwartet hätte.

Der Eigenanteil von fast 1 Mio. € wird ruckzuck auf wundersame Weise im Haushalt gefunden, damit der gute Zuschuss nicht verfällt. Und dann steigen unerwartet die Kosten und damit der sowieso schon eklatant hohe Eigenanteil. Und der Schulcampus bleibt bis heute unvollendet.Die Erneuerung der Römerallee wurde schon Jahre vor dem Zuschlag zur LaGa 2014 geplant.

Aber JETZT gehen wir es an, das heißt seit 2022, denn da wurden in freudiger Erwartung des Startschusses alle Alleebäume zwischen Kreisverkehr B265 und Bahnübergang gefällt, damit da endlich ORDENTLICHE Bäume hinkommen. Auf diese warten wir seitdem, genauso wie auf den Ausbau der Straße. Nur wir GRÜNEN haben die vorgezogene Fällung vor drei Jahren abgelehnt und damit ganz offensichtlich die Situation richtig eingeschätzt.

Denn: schon wieder gab es Verzögerungen. Eine neue Förderung führte zum Beispiel zwischenzeitlich zum viel zu üppigen Ausbau der Verbindungsstraße zwischen Industriegebiet und Nemmenich. Auch diese Baumaßnahme erforderte natürlich wieder eigene Mittel in nicht geringem Umfang, ohne die erhoffte
Verkehrsberuhigung auf der Bonner Straße zu erreichen.

In der Zwischenzeit stiegen aber die allgemeinen Baukosten unerwartet deutlich an, so dass der unveränderte Zuschuss zum Bau der Römerallee bei weitem nicht mehr den zugesagten Förderanteil abdeckt und eine nun erfolgende Aktualisierung der Förderbeträge abgewartet werden musste, um den Eigenanteil leisten zu können.

Für die Arbeiten auf der Münsterstraße reichten die geplanten Eigenanteile bei den zugedachten Zuschüssen zum integrierten Handlungskonzept durch die lange Wartezeit auch nicht, sodass Mittel für die energetische Ertüchtigung des Rathauses umgeschichtet wurden und die armen städtischen Mitarbeiter:innen noch länger mit Baustellenlärm, -dreck und Wanderbüros kämpfen müssen. Aber nach neuen Informationen scheint die Heizungsanlage ja mit einem weiteren Zuschuss doch schneller als erwartet zu kommen.

Wenn man genau hinsieht, stellt man zwei Dinge fest:
Der „Zülpich Way“ zeigt interessante Ergebnisse. Zum einen: es hat sich in den letzten Jahren eine Menge in Zülpich bewegt. Und das, obwohl der Finanzrahmen eng war und immer wieder draufgezahlt werden musste, sehr oft über die geplanten Eigenanteile hinaus.

Wir haben auf diese Art vieles geschafft in Zülpich, vielleicht aber auch Dinge, die wir überhaupt nicht brauchten. Das Ganze mit immer wieder „überraschenden“ Wendungen.

Zum anderen: Ob man diesen, schon beim Lesen nervenaufreibenden, Weg weiter beschreiten sollte, sei dahingestellt. Wichtiger wäre ein Konzept, dem man folgen kann, für mehr Bildung, Klimaschutz, Gesundheitsvorsorge und Wohnqualität. Auch auf den Dörfern könnte sicher mehr geschehen.

Nun, wo wir nach sieben guten Jahren mit der bedrohlichen Situation eines nicht ausgeglichenen Haushalts konfrontiert waren, sollten wir zurückblicken und uns – ohne ständig zu klagen – der wirklich guten Lage einmal bewusst werden, in der sich unsere Stadt und tatsächlich auch unser Haushalt befinden.

Rundum stecken Städte und Gemeinden in Überschuldungssituationen, haben eine marode Infrastruktur, unbenutzbare Schulen, Straßen voller Schlaglöcher und gesperrte Brücken. Wir dagegen verfügen über gute (wenn auch teilweise verdammt volle) Schulen und gute Sportstätten. Wir haben eine Stadtbücherei, unterhalten ein Museum, und unsere Straßen sind unterm Strich gut in Schuss bzw. auf der ToDo-Liste.

Unsere Liste wächst stetig weiter, zum Beispiel mit der Sanierung der Stadtmauer möglichst vor dem weiteren Anlegen des „Grünen Rings “ um die Stadtmauer.

In Zülpich wird mittlerweile auch etwas für den Erhalt der Biodiversität getan, wir bekommen zunehmend Blühstreifen an Feldrändern und es gibt einen großen naturnahen Bereich am Adenauerplatz, Schwammstadtbäume werden unserem Schutz in zukünftigen heißen Zeiten dienen. In den letzten Jahren hat man begonnen, umzudenken.

Unser, demnächst weiter wachsendes, Industrie- und Gewerbegebiet ist mit sehr unterschiedlichen Branchen und damit auch krisenfest aufgestellt.

Wir erweitern unser Portfolio mit erneuerbaren Energien, was uns in Zukunft auch Geld in die Kassen spülen wird. Zudem verfügen wir noch immer über einen gefüllten städtischen Sparstrumpf und die verpflichtende Ausgleichsrücklage.

Kurzum: Unser Haushalt ist insgesamt in einem guten Zustand. Wir blicken jedoch auch mit Skepsis in die Zukunft: So soll mit den Seeterrassen ein ganz neuer Stadtteil errichtet werden. Überraschenderweise ist für die größtenteils jungen neuen Einwohner:innen mehr nötig, als die anvisierten zwei Kindergärten –
zum Beispiel Grundschulplätze. Bei erwarteten über 1000 neuen Einwohner:innen werden in Zukunft etwa zwei komplette Klassenzüge fehlen.

Im Bestand der Schulen muss deswegen dringend etwas getan werden: Wir schlagen angesichts der Zahlen des aktuellen Schulentwicklungsplans eine neue anderthalbzügige Grundschule im Bereich der Seeterrassen vor. Dann kann perspektivisch die Chlodwigschule vierzügig bleiben und es steht ohne weitere Baumaßnahmen ausreichend Raum für den zu erwartenden Anstieg an Plätzen für die Offene Ganztagsschule zu Verfügung. Das ist der Preis des ehrgeizigen Wachsens um über 1000 Einwohner.
Ohne dieses zusätzliche Wachsen – und mit einer vernünftigen Lösung für die seit drei Jahren nicht eingerichteten und in Zukunft fehlenden Grundschul-Eingangsklassen sowie für die auswärtigen Realschüler – also unter normalen Voraussetzungen – könnte man fast gelassen auf den demographischen Knick warten.

Ich wiederhole es gerne: Trotz der zu erwartenden Probleme und Aufgaben in der Zukunft gibt es in Zülpich keinen Grund, schwarz zu sehen. Probleme und Bedürfnisse werden mal früher, mal später erkannt, angegangen und – irgendwann – auch gelöst. Die Haushaltslage ist zwar eng, aber sie zwingt uns nicht, sinnvolle und notwendige Projekte zu unterlassen.

Angesichts dessen, was sich aktuell politisch über uns und um uns herum zusammenbraut, sehen wir es als wichtig an zu zeigen, dass Zusammenarbeit in der Zülpicher Politik möglich und notwendig ist. Ein neu gewählter Stadtrat könnte uns vor große Herausforderungen stellen, die wesentlich über haushalterische Probleme hinausgehen.

Wir müssen erkennen, was uns verbindet und mit Zuversicht und Tatkraft punkten.
Schwarzmalen ist das Geschäft gefährlicher Populisten.
Deshalb will die Fraktion von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN ihrer Verantwortung gerecht werden und dem Haushaltsentwurf 2025 zustimmen.

Wir bedanken uns ausdrücklich bei Herrn Antons und Herrn Nießen für ihre Geduld bei der Erläuterung des Haushaltsentwurfs und die Beantwortung unserer zahlreichen Fragen.

Angela Kalnins